Noch sieben Mal schlafen
Gestern brachte die Post ein Kuvert, das sah so aus:
Darin lag ausschließlich das beiliegende Kärtchen.
Der liebe Gott hat mir ja vieles gegeben, unter anderem eine überdurchschnittliche Fähigkeit, auf der Leitung zu stehen. Dort stand ich dann auch fünf Minuten lang mit dem Kuvert in der einen Hand und einer fragenden Geste in der anderen, und überlegte, wieso mir Frau G., meine wunderbare Lektorin, eine entzückende Grußkarte in einem riesigen Kuvert schickt.
Bis mir der Aufkleber „Nachverpackt“ auffiel. In dem Kuvert war ursprünglich einmal ein Buch.
Dieses hier:
Von diesem Buch gibt es derzeit zwei fertige Exemplare. Das erste wurde also geklaut ist auf dem Postweg abhanden gekommen (man weiß ja, wie leicht diese Kartonkuverts aufreißen …). Und das zweite musste sich Frau G. auch erst vom Schreibtisch eines Kollegen zurückerkämpfen, der es einfach aus ihrem Postfach geklaut in ihrem Postfach gefunden hatte.
Ich werte das als ein gutes Zeichen. Ich hoffe nur, dass das mit dem Klauen Abhandenkommen und Finden dann bald einmal aufhört.
Ach ja, was ich eigentlich sagen wollte: Das Buch habe ich geschrieben. (Ein kleines Indiz war ja vielleicht schon der Name auf dem Cover.) Und das war ungefähr so einfach wie Kochenlernen.
Das erste Kapitel entstand vor so vielen Jahren, da war dieses Blog noch nicht einmal Konzept. Danach kam eine Durst- oder besser Hungerstrecke. Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass beim Kochen einfach nichts weiterging. Zwischenzeitlich wechselte der Buchtitel mehrfach, beispielsweise zu „Meine zwei linken Hände“ oder „Warum der Mensch doch nicht lernfähig ist“ oder auch „Wie ich eines Tages beschloss, doch lieber Fallschirmspringen zu lernen“.
Doch ich darf sagen, dass mir vor allem die höflichen Reaktionen hier sehr über dieses Tief geholfen haben. Besonders all jene aus der „Keine Angst, mir geht’s genauso“-Kategorie. Wir sind nicht allein!
Wenn Sie kurz einmal in die ersten drei Kapitel reinlesen möchten …
Den Rest gibt es ab 12. November in einer Buchhandlung Ihres Vertrauens.
Treue Leser werden wissen, dass damit dieses menschheitsverändernde Mammutprojekt mitnichten abgeschlossen ist. Immerhin werden die Fehlschläge weniger und die Erfolgserlebnisse mehr. Sie müssen beispielsweise unbedingt diesen Gersteneintopf von Frau Ziii probieren. Wegen dem freue ich mich geradezu schon drauf, dass es endlich kalt wird und ich meine Kaminfeuer-DVD einlegen kann. Ich habe ihn mit Dinkel statt Gerste gemacht, und im Prinzip ist in meiner Version von Frau Ziiis Rezept nur die Gemüsesuppe und der Räucherspeck übrig geblieben, weil ich wieder einmal die Hälfte der Zutaten beim Einkaufen vergessen habe. (Die liebe Frau Ziii sagt deshalb, ich darf das schon als mein eigenes Rezept verkaufen – aber die will ja doch nur auf diverse Achterln eingeladen werden, sobald ich das nächste Mal in Wien bin.)
Aber das ist sowas von Comfort Food, dass man als Beilage eigentlich nur noch die Kuscheldecke fürs Sofa reichen muss.
Und ich habe mich an meinem ersten Rehrücken versucht, streng nach Wolfram Siebeck.
Ich habe auf dem Markt beim Rehstand extra nach Knochen und Fleischresten gefragt (und bin mir dabei sowas von erwachsen vorgekommen). Ich habe daraus einen vorbildlichen Wildfond und in weiterer Folge eine 1A-Sauce gezogen. (Wir Profis sagen nämlich „gezogen“.)

Was von Bambi übrig blieb.
Ich habe dem Reh eine Wacholder-Pfeffer-Ölmassage verpasst:
Und ich habe es trotz – für unsereins – reichlich schwammiger Anweisungen ziemlich perfekt im Ofen gebraten:

My first Rehrücken!
Dass das Foto ein wenig verwackelt ist, liegt daran, dass ich kurz davor wieder einmal eine Kupferpfanne angefasst habe, die eben noch bei 250° Grad im Ofen gestanden hatte.

Danke, Bepanthen!
Der Gatte musste mir das Fleisch vorschneiden, aber man kann ja nie früh genug beginnen, fürs Alter zu üben.
Doch das waren lässliche Nebengeräusche eines großen Abends. Sobald ich mir mit der verbliebenen rechten Hand meine Wut an der Küchenwand abgearbeitet hatte, machte der Gatte eine Riesling Spätlese von Kallfelz auf, hielt mir das Weinglas an die Lippen und reichte mir dann den ersten Bissen Rehfilet.
Diesen Moment hebe ich mir dann für das nächste Buch auf.
Zwar schon lange, lange vorbestellt, habe ich doch gleich nach dieser Lektüre – das Einverständnis der Frau Neudecker voraussetzend – den Link an den Buchhändler meines Vertrauens geschickt. So als aufklärende, erläuternde Reklame. Nun fiebere ich seiner Mail entgegen, dass „mein“ Abholfach bei ihm grüßen lässt. Tut die Hand denn noch weh? Liebste Berliner Grüße!
Das ist toll, vielen Dank!
Und danke auch der Nachfrage. Ich versuche ja gerade, Bepanthen davon zu überzeugen, mich für ihren nächsten Werbespot zu engagieren. Niemand könnte ihre Wundsalbe mit mehr Überzeugung empfehlen …
Da mir warmer Weißwein ein Graus ist, habe ich immer eine Kühlmanschette im TK-Fach. Vor Jahren weihte ich meine erste Eisenbratpfanne ein – auf einem Ceran-Kochfeld. Leider hatte ich die wärmeleitende Effizienz von Eisen und Glaskeramik nicht bedacht und patschte mit einer Hand auf das nicht eingeschaltete Kochfeld, auf dem zwischen den einzelnen Pfannkuchen die Pfanne ruhen sollte. Selten heftiger Schmerz. Ran an den Wasserhahn mit schmerzgepeinigtem Fußgetrippel. Da fiel mir die Kühlmanschette ein. Raus damit, Hand rein. Ziemlich schnell wusste ich nicht mehr, ob es noch der Brandschmerz war, oder ob die Gefrierkälte der Manschette Schuld hatte. Auf jeden Fall: Kein Nachschmerz, keine Brandblasen. Diese Geschichte erzähle ich bei jeder Einladung, zu der ich selbige Manschette verschenke, weil zu viele Menschen einfach nicht wissen, wann spätestens zu kühlende Getränke kaltgestellt werden müssen. Meist bringe ich einen Apéritif mit, der in der kalten Manschette steckt, das Ganze dann in einer Kühltasche. Danach stecke ich bei den jeweiligen Gastgebern das Mitbringsel gleich ins TK-Fach, um mich vor warmer Plörre zu schützen.
Mann, jetzt hab‘ ich aber viel gequatscht. Danke für die Lesegeduld und Prost und Wohlsein – jetzt mit einem Rosé.
Raffiniert!
Ich hab ja zwischenzeitlich irgendwo gelesen, dass man nicht eiskalt, sondern lauwarm spülen soll. Aber das wechselt ja auch so gut wie täglich.
Trotzdem ist mein Plan für die Zukunft, einfach nichts Heißes mehr anzugreifen. Obwohl ich grad vorhin wieder beinahe …
Da muss ich mal ganz skeptisch schauen. Sie werden ja neuerdings gegen mich verwendet.
Und zwar seit Ihrem, zugegeben sehr pointierten, Artikel im Feinschmecker, in dem Sie ein wenig darüber lamentierten, dass Weine immer angeliefert werden, wenn Frau Neudecker alleine zu Hause ist.
Ihr Beitrag erschien gleichzeitig mit einer kleinen, in Achtzehnerkartons sortierten, Wein-Lieferung. Leider war ich zu diesem Zeitpunkt unterwegs, so dass es mir nicht möglich war, Ihre Ausführungen rechtzeitig verschwinden zu lassen.
Tatsächlich ist mir dabei aufgefallen, dass Ihre Zeilen, laut und vorwurfsvoll vorgetragen, ganz offenbar ein großes Vorlesevergnügen bereiten.
Und irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass auch dieses Buch nicht nur sehr gut geschrieben ist, sondern teilweise auch gut gegen mich vorgetragen werden kann.
Hm, werde ich wohl riskieren müssen…
Neudecker Inc.,
Vorwurfsvoll Vortragbare Texte en gros & en détail
Aber vielleicht lass ich den Gatten einmal ein Gegenstück darüber schreiben, wie man solche Vorträge nach außen zerknirscht aufnimmt, aber nach innen vollständig ignoriert.
Und: Riskieren Sie! Ist nicht sooo schlimm … 😉
Liebe Frau Neudecker,
Schlimme Brandwunden – die ja bei uns Profis immer wieder mal vorkommen – bestreicht man am Allerallerbesten mit einer Fieberblasensalbe, die hier bei uns ein Z als Anfangsbuchstaben hat. ehrlich! Ich hatte mal eine ziemlich schlimme Verbrennung mit heißem Zucker und gerade keine andere Salbe zur Hand. Nach fünf Minuten war der Schmerz weg und am nächsten Tag kaum noch was zusehen!
Ich freu mich schon aufs Buch!
Du landest noch immer/schon wieder im Spamfilter, sorry! Versteh einer WordPress.
Ach ja, und ich kenn Fieberblasensalben nur in den Minitübchen à 2,5 Mikrogramm oder so. Damit käme ich bei meinem Verbrauch ungefähr für eine Fingerspitze aus …
Fragende Blicke der Kollegen warum ich lachend mit Tränen in den Augen am Schreibtisch sitze.
Danke und ich hoffe sehr, der Hand geht es wieder besser! Das Gefühl des warmen Duschwasser auf der Hand ist bestimmt ein Träumchen.
Danke, sie ist grad in der nicht so hübsch anzusehenden Heilungsphase, aber wozu gibts Pflaster? (Pardon, deutsch: Heftpflaster.)
Der finale Titel ist mit Abstand der beste! Gut, dass es länger gedauert hat. 😉 Freu mich schon auf die Lektüre!